Anspruchsgruppen: Unterschied zwischen den Versionen

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=Einführungsbeispiel=
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Eliot hat seine Ausbildung als Bäcker hinter sich und arbeitet bei einer kleinen Bäckerei. Er hat ein Hobby: Neue Leckereien zu erfinden und zu backen. Dabei kommt er auf die Idee, eine Mischung aus Weggli und Gipfeli zu kreieren. Eliot nennt sein Erfindung "Wipfeli". Er gibt einige Exemplare an seine Freunde und Familie, die es supergut finden. Als er merkt, wie gut diese ankommen, entscheidet er, sich neben seiner Tätigkeit bei der Bäckerei noch selbständig zu machen, um Wipfleli zu backen und zu verkaufen. Eliot braucht dazu eine Backmaschine die viel Geld kostet. Zudem muss er irgendwo her die Zutaten holen. Die Zutaten sind kein Problem, er kennt genug Hersteller die ihn beliefern. Als er mit einem telefoniert, sagt ihm dieser:"Wie wollen aber, dass Du die Rechnungen pünktlich zahlst."
Eliot hat seine Ausbildung als Bäcker hinter sich und arbeitet bei einer kleinen Bäckerei. Er hat ein Hobby: Neue Leckereien zu erfinden und zu backen. Dabei kommt er auf die Idee, eine Mischung aus Weggli und Gipfeli zu kreieren. Eliot nennt sein Erfindung "Wipfeli". Er gibt einige Exemplare an seine Freunde und Familie, die es supergut finden. Als er merkt, wie gut diese ankommen, entscheidet er, sich neben seiner Tätigkeit bei der Bäckerei noch selbständig zu machen, um Wipfleli zu backen und zu verkaufen. Eliot braucht dazu eine Backmaschine die viel Geld kostet. Zudem muss er irgendwo her die Zutaten holen. Die Zutaten sind kein Problem, er kennt genug Hersteller die ihn beliefern. Als er mit einem telefoniert, sagt ihm dieser:"Wir wollen aber, dass Du die Rechnungen pünktlich zahlst." Um die Maschine zu finanzieren, will er einen Kredit bei einer Bank holen.
Als er bei der Bank ist, sagt ihm der Angestellte dort:"OK, wir geben dir diesen Kredit von CHF 5'000. Aber Du musst alle sechs Monate bescheid geben, wie dein Geschäft läuft. Und Du musst die Zinsen pünktlich zahlen." Nachdem alles eingerichtet ist, kriegt er einen Brief von der Lebensmittelbehörde (also dem Staat) in dem steht, dass er gewisse Vorscriften erfüllen muss, wenn er seine Wipfeli verkaufen will. So weit so gut. Er beginnt seine Wipfeli zu verkaufen, jedes für CHF 2 pro Stück. Einige Kunden lobten ihn, andere sagtem ihm aber, dass dies zu teuer sei, und er es dch billiger machen sollte.
Als er bei der Bank ist, sagt ihm der Angestellte dort:"OK, wir geben dir diesen Kredit von CHF 5'000. Aber Du musst alle sechs Monate bescheid geben, wie dein Geschäft läuft. Und Du musst die Zinsen pünktlich zahlen." Nachdem alles eingerichtet ist, kriegt er einen Brief von der Lebensmittelbehörde (also dem Staat) in dem steht, dass er gewisse Vorschriften erfüllen muss, wenn er seine Wipfeli verkaufen will. So weit so gut. Er beginnt seine Wipfeli zu verkaufen, jedes für CHF 2 pro Stück. Einige Kunden lobten ihn, andere sagtem ihm aber, dass dies zu teuer sei, und er es dch billiger machen sollte.
So kompliziert stellte sich Eliot seine Selbständigkeit nicht vor. Verschiedene Gruppen stellen Ansprüche an seine kleine Unternehmung: Die Bank wegen den Zinsen, die Lieferanten wegen der Zahlung, der Staat wegen den Vorschriften und die Kunden wegen der Preise. Und er selbst? stellt er auch Ansprüche an seine Unternehmung? Ja, er will schliesslich einen Gewinn erwirtschaften. Er sieht seine Unternehmung mit verschiedenen '''Anspruchsgruppen''' konfrontiert.  
So kompliziert stellte sich Eliot seine Selbständigkeit nicht vor. Verschiedene Gruppen stellen Ansprüche an seine kleine Unternehmung: Die Bank wegen den Zinsen, die Lieferanten wegen der Zahlung, der Staat wegen den Vorschriften und die Kunden wegen der Preise. Und er selbst? Stellt er auch Ansprüche an seine Unternehmung? Ja, er ist der Eigenkapitalgeber und will schliesslich einen Gewinn erwirtschaften. Er sieht seine Unternehmung mit verschiedenen '''Anspruchsgruppen''' konfrontiert.  


=Erklärung=
=Erklärung=
Wie es der Name schon sagt: Eine Anspruchsgruppe ist eine '''Gruppe''', die einen oder mehrere '''Ansprüche''' an unsere Unternehmung hat. Diese Gruppen können aus Unternehmungen, aber auch aus Privatpersonen oder sonstigen Organisationen bestehen.<br />


Wie es der Name schon sagt: Eine Anspruchsgruppe ist eine '''Gruppe''', die einen oder mehrere '''Ansprüche''' an unsere Unternehmung hat. Diese Gruppen können aus Unternehmungen, aber auch aus Privatpersonen oder sonstigen Organisationen bestehen.
Die Ansprüche der Gruppen können sich widersprechen ([[Zielkonflikt]]), sich gegenseitig verstärken ([[Zielharmonie]]) oder sind zueinander neutral ([[Zielneutralität]]), man nennt dies auch [[Zielbeziehungen]].


Die Ansprüche der Gruppen können sich widersprechen ([[Zielkonflikt]]), sich gegenseitig verstärken ([[Zielharmonie]]) oder sind zueinander neutral ([[Zielneutralität]]).
Die Anspruchsgruppen, die Du für deine kaufmännische Ausbildung kennen musst, sind die folgenden acht:<br />


Die Anspruchsgruppen, die Du für deine kaufmännische Ausbildung kennen musst, sind die folgenden acht:
<u>Kunden:</u> Kunden wollen tiefe Preise und gute Qualität. Sie wollen auch, dass sie jederzeit einkaufen oder bestellen können, und das schnell geliefert wird.<br />


<u>Kunden:</u> Kunden wollen tiefe Preise und gute Qualität. Sie wollen auch, dass sie jederzeit einkaufen oder bestellen können, und das schnell geliefert wird.
<u>Mitarbeiter (Angestellte):</u> Die Mitarbeiter wollen hohe Löhne, gute Sozialleistungen, kurze Arbeitszeiten, eine sichere Arbeitsstelle und eine angenehme Arbeitsatmosphäre.<br />


<u>Mitarbeiter (Angestellte):</u> Die Mitarbeiter wollen hohe Löhne, gute Sozialleistungen, kurze Arbeitszeiten, eine sichere Arbeitsstelle und eine angenehme Arbeitsatmosphäre.
<u>Lieferbetriebe (Lieferanten):</u> Die Lieferbetriebe möchten, dass unsere Unternehmung immer püntklich die Rechnungen zahlt und regelmässig bestellt (Kundentreue).<br />


<u>Lieferbetriebe (Lieferanten):</u> Die Lieferbetriebe möchten, dass unsere Unternehmung immer püntklich die Rechnungen zahlt und regelmässig bestellt (Kundentreue).
<u>Konkurrenz:</u> Die Mitbewerber im Markt, also unsere Konkurrenten, wollen vor allem, dass wir uns fair im Wettbewerb um Kunden verhalten.<br />


<u>Konkurrenz:</u> Die Mitbewerber im Markt, also unsere Konkurrenten, wollen vor allem, dass wir uns fair im Wettbewerb um Kunden verhalten.
<u>Staat:</u> Der Staat verlangt von uns, dass wir uns an die Gesetze halten, die Steuern zahlen, das Mitarbeiter nicht entlassen werden, dass Lehrplätze geschaffen werden, und dass unsere Unternehmung an Wert gewinnt.<br />


<u>Staat:</u> Der Staat verlangt von uns, dass wir uns an die Gesetze halten, die Steuern zahlen, das Mitarbeiter nicht entlassen werden, dass Lehrplätze geschaffen werden, und dass unsere Unternehmung an Wert gewinnt.
<u>Organisationen und Öffentlichkeit:</u> Unter "Organisationen" werden sogenannte "Non-Profit-Organizations (NPO)" verstanden. Das sind z. B. Gewerkschaften oder Umweltschutzverbände. Diese wollen z. B. dass unsere Unternehmung die Umwelt schont, oder dass mit den Mitarbeitern gut umgegangen wird. Sie wollen, zusammen mit der Gesellschaft, dass unsere Unternehmung zeigt was sie tut (Transparenz).<br />
 
<u>Organisationen und Öffentlichkeit:</u> Unter "Organisationen" werden sogenannte "Non-Profit-Organizations (NPO)" verstanden. Das sind z. B. Gewerkschaften oder Umweltschutzverbände. Diese wollen z. B. dass unsere Unternehmung die Umwelt schont, oder dass mit den Mitarbeitern gut umgegangen wird. Sie wollen, zusammen mit der Gesellschaft, dass unsere Unternehmung zeigt was sie tut (Transparenz).
 
<u>Eigenkapitalgeber (Shareholder):</u> Die Eigenkapitalgeber sind oft Aktionäre (bei einer AG), Stammkapitalhalter (bei einer GmbH), Kapitalgeber bei der Kollektivgesellschaft und Einzelunternehmung. Diese wollen vor allem eine hohe Gewinnausschüttung, sie wollen wissen was die Unternehmung macht (Transparenz) und ein Wertsteigerung des Unternehmens.
 
<u>Fremdkapitalgeber:</u> Diese sind oftmals Banken die Kredite geben aber auch Leiferanten, deren Rechnungen noch offen sind (VLL). Die Fremdkapitalgeber wollen vor allem die Zinszahlungen, die Rückzahlung des Fremdkapitals. Die Banken wollen auch wissen was die Unternehmung macht (Transparenz), um abzuschätzen, ob sie das Geld zurückerhalten.


<u>Eigenkapitalgeber (Shareholder):</u> Die Eigenkapitalgeber sind oft Aktionäre (bei einer AG), Stammkapitalhalter (bei einer GmbH), Kapitalgeber bei der Kollektivgesellschaft und Einzelunternehmung. Diese wollen vor allem eine hohe Gewinnausschüttung, sie wollen wissen was die Unternehmung macht (Transparenz) und ein Wertsteigerung des Unternehmens.<br />


<u>Fremdkapitalgeber:</u> Diese sind oftmals Banken die Kredite geben aber auch Lieferanten, deren Rechnungen noch offen sind (VLL). Die Fremdkapitalgeber wollen vor allem die Zinszahlungen und die Rückzahlung des Fremdkapitals. Die Banken wollen auch wissen was die Unternehmung macht (Transparenz), um abzuschätzen, ob sie das Geld zurückerhalten.<br />


===Probleme, Denkfehler und Merkhilfen===
===Probleme, Denkfehler und Merkhilfen===


'''''Ist der Arbeitgeber auch eine Anspruchsgruppe?''''' Nein. Diese Frage macht keinen Sinn. Denn wer ist der Arbeitgeber? Der Arbeitgeber ist doch die Unternehmung. Das würde bedeuten, er hat Ansprüche an sich selbst.
*'''''Ist der Arbeitgeber auch eine Anspruchsgruppe?''''' Nein. Diese Frage macht keinen Sinn. Denn wer ist der Arbeitgeber? Der Arbeitgeber ist doch die Unternehmung. Das würde bedeuten, er hat Ansprüche an sich selbst.<br />


'''''Aber die Unternehmung hat doch Ansprüche an den Mitarbeiter, und die Lieferanten usw.''''' Ja. Aber darum geht es bei diesem Thema nicht. Beim Thema Anspruchsgruppen geht es nur darum, wer Ansprüche gegenüber der Unternehmung hat, nicht welche Ansprüche die Unternehmung an jemand anderen hat.
*'''''Aber die Unternehmung hat doch Ansprüche an den Mitarbeiter, und die Lieferanten usw.''''' Ja. Aber darum geht es bei diesem Thema nicht. Beim Thema Anspruchsgruppen geht es nur darum, wer Ansprüche gegenüber der Unternehmung hat, nicht welche Ansprüche die Unternehmung an jemand anderen hat.<br />